Nachbar Thomas Totzauer berichtet
In der Reihe Aktivitäten des Schichts (Lehrreiches und Amüsantes) ist hier zu berichten von unserem Ausflug in die Welt unseres Hofrat Bährens. Obwohl schon seit 180 Jahren tot ist er vielen jugendlichen Schwertern bekannter als - sagen wir Werner Steinem oder Johannes Rau, ziert sein Name doch eines von zwei Schwerter Gymnasien.
Wir treffen Hofrat Bährens in Gestalt von Christopher Wartenberg am 3. Mai um 18 Uhr vor dem alten Rathaus, dem heutigen Museum. Er begrüßt uns kurz, in zeitgenössischem Gewand gekleidet, seiner Bedeutung angemessen mit schwarzem Gehrock und Zylinder. Weil er unter Zeitdruck steht, spornt er uns an, seinen Ausführungen über sein Leben und Wirken ebenso konzentriert zu folgen, wie seinem Zylinder eilig durch die Altstadt.
Er berichtet vom Blitzableiter auf St. Viktor, den er konstruiert hat, sehr detailliert von der Bährens’schen Boussole und der 1. Pockenschutzimpfung. Er Lässt uns „Ein feste Burg“ intonieren und berichtet am Grabstein seiner Frau von deren herzensguten Wesen, das mit Rosenstacheln wenig gemein hatte, wie das Motiv des Steins gern falsch interpretiert wird. Hernach nimmt sich der Hofrat die Zeit kurz über seinen Werdegang zu informieren.
So wurde er 1765 in Meinerzhagen als Kind seiner Eltern geboren und studierte anschließend Theologie und Philosophie in Halle, bevor er ab 1789 in Schwerte als 3. Prediger und Rektor der Lateinschule Teil der hiesigen Historie wurde. Gegen den Willen des Vaters, der sich an höchster Stelle gegen ihn verwandte, heiratete er 1785 seine Frau, die ihm 8 Kinder schenkte; obwohl ihn sein Vater dazu für zu jung und zu arm hielt - der Deutsche an sich war immer schon Bedenkenträger (Anmerkung des Verfassers).
Erneut zur Eile getrieben hören wir auf unserem Streifzug durch Gassen, deren Existenz mir bisher verborgen blieb, über die Vorzüge westfälischen Brotes, der Möglichkeit schmerzhaften Hirnbrand(???) allein durch Handauflegen zu heilen und Straßen, die eher Sümpfen und Kloaken glichen, als benutzbaren Wegen. Fuhrwerke samt Pferden mussten innerhalb der Stadtmauern durch den knietiefen stinkenden Morast geschleppt werden, ehe auf Geheiß und unter Federführung des Hofrats die Straßen gepflastert wurden. Während dieser Baumaßnahmen steigerte sich die Kritik der durch Baulärm belästigten Anwohner ins Pöbelhafte und verstummte schlagartig nach Fertigstellung. Wohnumfeldverbesserung lockte schon damals die Dauernörgler auf den Plan - ein Schelm, der Parallelen zur Gegenwart zieht ..
Wir erfahren noch von Stadtmauern und historischer Feuerlöschtechnik mitttels Stadtgraben, Feuerteich und Kumpe. Sowie vom Judenfriedhof der schon im Mittelalter vor den Stadtmauern zu sein hatte, bevor wir im heutigen Stadtpark erkennen, dass es sich hier um den von Gruften unterminierten ehemaligen Totenhof handelt, den unser Hofrat anlegen ließ. Der Rat der Stadt war damals so begeistert von der Idee die Toten vor der Stadt beizusetzen, statt rund um die Kirche, dass er ihr vorauseilend zustimmte, ehe Bährens auch nur ein Sterbenswörtchen davon verlauten ließ.
Unsere Führung endet an Bährens Grabdenkmal wo er 1833 beigesetzt wurde. Der stets eilige Gelehrte wurde zeitlebens oft an mehreren Orten zugleich und selbst nach seinem Tod noch in der Stadt gesichtet. Manchmal glaube ich, er ist immer noch unterwegs ...